Eine kurze Geschichte

DIE TRADITION DES CHORGESANGS IM DOM ZU MAGDEBURG

Die Anfänge des Chorsingens am Dom reichen bis ins 10. Jahrhundert zurück.  Schon im 937 vom späteren Kaiser Otto dem Großen gestifteten Mauritiuskloster und im ersten ottonischen Dom, der 968 zum Erzbistum  erhoben wurde, war der liturgische Gesang ein tragendes Element des  täglichen Gottesdienstes. Dieser Dienst oblag Chorknaben und  Geistlichen. In der gleichzeitig gegründeten bedeutenden Domschule gehörte die ,,ars musica“ als eine der 7 freien Kunste zum  Unterricht. Ab dem 13. Jahrhundert wurde im gotischen Dom die Chormusik  nach französischem Vorbild gepflegt. Einige berühmte Besucher, die der  Musik lauschten, sind uns Überliefert, z.B. Walther von der Vogelweide,  Nicolaus von Cusa und Ulrich von Hutten.

Mit der Reformation veränderte sich auch die Funktion der Musik im  Gottesdienst. Erst 1567 trat das Domkapitel zum evangelischen Glauben  über. 1618 weilten Michael Praetorius und Heinrich Schütz, die  bedeutendsten Komponisten ihrer Zeit, auf Einladung des Domkapitels in  Magdeburg, um an der Erneuerung der Kirchenmusik mitzuwirken. Es wurde  eine moderne ,,Figuralmusik“ eingeführt und ein kleines Orchester  gegründet.

Der 30-jährige Krieg mit seiner verheerenden Zerstörung Magdeburgs 1631  versetzte der Bedeutung der Domschule und der Musikausübung am Dom einen schweren Schlag, der lange nachwirkte. 1676 kam es zur Neugründung der  Domschule, der 10 jahre später die Neukonstituierung des Domchores als  ,,chorus symphoniacus“ folgte. 1693 hatte die Domschule einen ihrer  begabtesten Schüler, den später hochberühmten Georg Philipp Telemann.

Mit der Auflösung des Domkapitels durch Napoleon kam es 1810 nochmals  kurzzeitig zum Verstummen des Domchores. Doch bald nach Ende der Befreiungskriege gelang es 1818 auf Initiative des Goethe-Freundes Karl  Friedrich Zelter (Leiter der Berliner Singakademie), den Domchor neu zu  gründen und seine Arbeit auf eine sichere finanzielle Grundlage zu  stellen: Durch Kabinettsorder hatte König Friedrich Wilhelm III. für den Domchor jährlich 600 Taler aus Einnahmen der zu Gunsten Preussens  „verstaatlichten“ Güter des säkularisierten Domkapitels bestellen  lassen.

Die Leiter des Domchores im 20. Jahrhundert waren Bernhard Engelke,  Bernhard Henking, Hans Chemin-Petit, Gerhard Bremsteller und Günther  Hoff. Unvergessen ist Gerhard Bremsteller, der den Chor 1942 übernommen  hatte, ihn über den 2. Weltkrieg rettete, seinen  Wiederaufbau mit größtem Engagement unter veränderten staatlichen Bedingungen bewerkstelligte und ihn 25 Jahre lang bis 1967  erfolgreich leitete. Auf vielen Konzertreisen konnte der Domchor sein  hohes Niveau deutschlandweit unter Beweis stellen, bis durch den  Mauerbau 1961 das Reisen ausserhalb der DDR unmöglich wurde.

Nach Bremsteller leitete Günther Hoff ebenfalls fast 25 Jahre lang mit  zielstrebiger Kontinuität und begeisternder Musizierfreude den zeitweise 140 Sänger zählenden Chor. Ihm gelang es immer wieder trotz  DDR-bedingter widriger Umstände mit publikumswirksamen Konzertprogrammen Höhepunkte zu schaffen, mit denen der Chor seinen guten Ruf bewahren  konnte und eigene Akzente setzte. Unvergessen ist, dass es 1988 gelang,  einer Einladung zum Domchorfestival nach Utrecht in die Niederlande zu  folgen, zu einer Zeit, als niemand an eine Mauereröffnung dachte und der Magdeburger Domchor schon 27 Jahre lang nicht mehr zu Konzerten die DDR verlassen durfte. Nach dem Mauerfall waren dann auch Reisen in mehrere  Städte Westdeutschlands sowie nach Schweden und Israel möglich.

1994 hat Barry Jordan das Amt des Domchorleiters und des Domorganisten  übernommen. Er gestaltet seinen Dienst mit den neuen Möglichkeiten, die  sich durch die deutsche Wiedervereinigung auch für die Musik am  Magdeburger Dom eröffnet haben. Er führte den Domchor im Konzert und Gottesdienst zu neuen Höhen trotz der immer größer werdenden Schwierigkeiten beim Heranwachsen von Chornachwuchs, und reiste mit dem Klangkörper in viele Länder und durch Deutschland.

2019 wurde dem Magdeburger Domchor die Ehre zu Teil, das ermit der Zelter-Plakette in der Staatskanzlei Sachsen-Anhalts ausgezeichnet wurde für sein 200-jähriges Bestehen.