Der Magdeburger Domchor wird für sein 200 jähriges Wirken mit der Zelter Plakette des Bundespräsidenten geehrt

200 jähriges Jubiläum des Magdeburger Domchores – Chor als erster der Landeshauptstadt Magdeburg mit der Zelter Plakette geehrt

 1819-2019 dieser sehr beeindruckende Zeitabschnitt markiert das 200 jährige Domchorjubiläum nach der Wiedergründung des Chores, aber der Chorgesang im Magdeburger Dom geht noch viel weiter zurück bis zu seinen Anfängen ins 10. Jahrhundert.

In diesem Jahr feiert der Domchor sein besonderes Jubiläum und wurde für diese umfassende Bestehenszeit und die langanhaltende qualitativ hochwertige Arbeit und Aufrechterhaltung der Chormusik gestern in der Staatskanzlei Sachsen-Anhalt durch Rainer Robra mit der Zelter Plakette, die an den Bundespräsidenten gebunden ist, als erster Chor aus der Landeshauptstadt Magdeburg geehrt.

Bei der Zelter-Plaketten Verleihung in der Staatskanzlei mit Reiner Robra (Foto Uli Lücke)

Die Zelter Plakette wird für besondere Verdienste auf dem Gebiet der Laienchorarbeit  verliehen, die Voraussetzung für die Verleihung ist unter anderem ein mindestens 100- jähriges Bestehen des Chores. Der Preis geht auf Carl Friedrich Zelter zurück, dem Begründer der „Berliner Liedertafel“ und späteren Professor der Königlichen Akademie der Künste.

Das Festjahr konnte bereits und mit zahlreichen großen musikalischen Werken begangen,         werden, so fand am 6. Januar fast auf den Gründungstag genau das Eröffnungskonzert des  Jubiläumsjahres im Remter des Domes statt mit der Aufführung der Harmoniemesse von Haydn und des Te Deums von Hasse. Im Mai kam es dann zur Aufführung der h-Moll                 Messe in der Konzerthalle „Georg Philipp Telemann im Kloster Unser Lieben Frauen, die                vor vielen Jahren schon einmal durch den Domchor aufgeführt wurde und dieser                musikalische  Meilenstein beim Jubiläum nicht fehlen durfte.

Die Geschichte des Magdeburger Domchores war in den Jahrhunderten geprägt von zahlreichen Höhepunkten mit der Aufführung großer Werke, aber auch durch herbe Einschnitte in den politischen Rahmenbedingungen konfrontiert.

Am Anfang des 19. Jahrhunderts stand zunächst das Ende des Domchores durch die napoelonische Aufhebung des Domstiftes im Raum, durch den Wegfall der Choreinkünfte, aber dank der Kabinettsordnung des preußischen Königs Friedrich Wilhelm dem III. war die Neugründung, die bis ins heutige 21. Jahrhundert anhält möglich.

1818/19 konnte Johann Joachim Wachsmann Neugründer und Reorganisator des Domchores, neue Statuten des Chorlebens mit Hilfe seines Lehrers Karl Friedrich Zelter  aufstellen und es bestand so eine persönliche Bindung des Chores zu Zelter, sodass sich mit der Anerkennung der Zelter-Plakette heute der geschichtliche Kreis schließt.

Einen bedeutenden Einschnitt in der Domchorhistorie stellte allerdings auch der  1. Weltkrieg dar, wo der bisher sehr sangesstarke Chor, Nachwuchsprobleme bekam und sich erstmals Frauenstimmen zur Mitwirkung öffnete und somit die Grundsteine für die heutigen Chorstrukturen mit ihren verschiedenen Chorgruppen legte.

Seit Anfang des 20. Jahrhunderts erhielten die Kantoren des Domchores eine  kirchenmusikalische Ausbildung mit Abschluss an einem entsprechenden Institut und erlernten u.a. auch das Orgelspiel, sodass sie musikalisch sehr vielfältige Werke  einstudieren konnten und auch die eigene Begleitung kein Problem darstellte.

Nach sehr verdienten Chorleitern wie Bernhard Henking, Hans Chemin-Petit, Gerhard Bremsteller und Günter Hoff übernahm Barry Jordan 1994 die Leitung des Magdeburger Domchores.

Die Höhepunkte der Domchorarbeit lagen immer bereits darin die zeitgeschichtlich            bedeutenden  Chorwerke, unter Einbeziehung eines Orchesters und Solisten aufzuführen.

Einen wichtigen Punkt bildeten auch seit jeher musikalische Kooperationen und Austausche mit anderen Chören, sodass zahlreiche Chorreise den Domchor u.a. nach Italien, in die Schweiz, Israel, Frankreich, Tschechien, Dänemark, Finnland und England führten.

Selbst in den schwierigen DDR Zeiten wurden Chorreisen ermöglicht und der Magdeburger Domchor trug die Musik hinaus in die Welt.

Barry Jordan ist es zu verdanken, dass er nach der Wiedervereinigung in einer offenen, immer stärker säkularer werdenden Gesellschaft die Kathedralchorarbeit mit Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen in ihrer Vielfalt auf hohem Niveau weiterführte, auch wenn die räumlichen, personellen und finanziellen Bedingungen keineswegs leicht waren und sind.

Heute existiert der Domchor als generationsübergreifender Chor, welches ihn auszeichnet, da bereits mit der Ausbildung der Grundschulkinder in der Domsingschule, unter Leitung Sabine Lattorfs, begonnen wird, diese dann weiterführend im Katharinen- und Mauritiuschor, anschließend in der Jungen Kantorei und schließlich im Motettenchor oder aber dem neu gegründeten Oratorienchor ihren musikalischen Platz finden können.

Neben der Aufführung großer Werke wie Haydns Schöpfung und Mendelssohns Elias unter Beteiligung des Domchores, erfolgte auch immer bereits die Uraufführung neuer Kompositionen von Domchorleitern, wie es z. B. der 150. Psalm von Chemin-Petit war, den er zur 1000-jährigen Feier der Errichtung des Domes 1955 komponiert hatte oder auch Barry Jordans große oratorische Komposition von 2009, „Die Eiche im Dom“, die auf Ernst Barlachs berühmtes „Denkmal des Krieges“ im Dom Bezug nimmt.

Das Komponieren eigener Motetten bzw. neuer Sätze für Choräle gehörte von jeher zum Handwerkszeug aller Domchorleiter, auch der in früheren Jahrhunderten.

Als weiteres Großprojekt kann dem Deutschem Requiem Op. 45 von Johannes Brahms             am 19.10. um 19.30 Uhr im Hauptschiff des Domes gelauscht werden.

Der Magdeburger Domchor (Foto Viktoria Kühne)

Für 2020 plant der Domchor am 26.09.2020 mit seiner Domsingschule, der Jungen Kantorei und dem Motettenchor die Uraufführung des Stückes „Alles Franziskus!“, dessen Musik Barry Jordan komponiert und dessen Texte aus der Feder von Bianca Hein stammen.

Mit dem Projekt „Alles Franziskus!“ möchte die Magdeburger Dommusik in innovativer Weise ein Stück für Kinder- und Jugendliche der Domsingschule und des Domchores, aber auch in Kombination mit einem professionellen Orchester, einem Solisten sowie den Erwachsenen des Domchores als Generationenprojekt umsetzen und dieses neue Format etablieren.

In diesem Werk sollen die Mitwirkenden Zugang zu Neuer Musik ohne Berührungsängste oder Barrieren erhalten sowie die Möglichkeit wahrnehmen können mit Ihrer Stimme zu experimentieren und aus dem Modus der durchkomponierten Werke herauszutreten, sondern mitzuentwickeln.

Das Konzept des Stückes geht auf Benjamin Brittens Musik für Kinder „Noye’s Fludde“ zurück.

Das Werk fokussiert den Stil der „E-Musik“ und ist bestrebt eine große Bandbreite der Schwierigkeitsgrade einzufassen und ebenso klassische Elemente einfließen zu lassen.

Hierbei soll der gesamte Dom in verschiedenen Settings szenisch und musikalisch bespielt werden, um so auch die Facetten und Perspektiven dieses architektonisch und sakral einzigartigen Gebäudes hervorzuheben.

Das Werk kommt in seiner Komplexität einer einstündigen Oper nahe.

Weiterhin ist die Aufführung im Beethoven-Jahr 2020 der 3. Sinfonie Beethovens und der Werkes „Christus am Ölberg“ geplant.